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Bayern: Rechtswidrige Wohnungsdurchsuchung durch RegTP

Das Amtsgericht Aichach (Bayern) hat eine Wohnungsdurchsuchung eines vermeintlichen "Schwarzfunkers" durch Mitarbeiter der RegTP als rechtswidrig erklärt.

Was war geschehen? Mitarbeiter der RegTP-Außenstelle Rosenheim hatten zusammen mit der Polizei im Juni 2000 bei einem jugendlichen Hobbyfunker eine Wohnungsdurchsuchung vorgenommen. Dem Minderjährigen wurde u.a. vorgeworfen, unbefugt im 2-Meter-Band gesendet zu haben. Außerdem vermutete man, dass er mit einem "Nachbrenner" senden würde. Eine richterliche Anordnung für die Wohnungsdurchsuchung lag nicht vor. Die Beamten stellten ein Funkgerät und einen Funkscanner samt Zubehör sicher.

Der Jugendliche zog vor Gericht, um feststellen zu lassen, ob die Wohnungsdurchsuchung rechtmäßig war oder nicht.

Das Amtsgericht urteilte mit Beschluss vom 02.01.2002, dass die Durchsuchung der Wohnung und die Beschlagnahme der Geräte rechtswidrig war und der Jugendliche dadurch in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 2 Grundgesetz) verletzt worden sei. (Az.: GS 39/01) Die RegTP habe genug Zeit gehabt, um einen richterlichen Durchsuchungsbeschluß zu beantragen; "Gefahr im Verzug" habe nicht vorgelegen.

In der Begründung des Gerichts heißt es dazu wörtlich (Auszug):

"Die von der RegTP im Ermittlungsbericht geschilderten Verdachtsmomente waren nicht ausreichend, um eine Beschlagnahme durch Durchsuchungsbeschluss wegen einer Straftat zu erlassen, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der möglichen Verwendung eines Nachbrenners, die im übrigen in keiner Weise zu Beginn der Ermittlungen belegt war und im Laufe des Verfahrens auch nicht belegt werden konnte. Allenfalls lag ein Anfangsverdacht für eine Ordnungswidrigkeit vor. Hier wäre es ausreichend gewesen, unter Vorlage der entsprechenden Ermittlungsergebnisse einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss zu beantragen, nicht jedoch, was die RegTP hier offensichtlich getan hat, "Gefahr im Verzug" für eine Durchsuchung anzunehmen. Die durch das Bundesverfassungsgericht aufgestellten engen Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall bei weitem nicht erfüllt. Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder Vermutungen, wie sie die RegTP vorgenommen hat, insbesondere hinsichtlich der Verwendung eines Nachbrenners und der Benutzung weiterer Frequenzen, reichen nicht aus. Gefahr im Verzug darf von den Ermittlungsbehörden grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn sie erfolglos versucht haben, eine richterliche Entscheidung herbeizuführen und der zeitliche Verlust durch diesen Versuch die Gefahr eines Beweismittelverlustes mit sich bringen würde. Zudem sind die entsprechenden Bemühungen auch nachvollziehbar zu dokumentieren."

Die RegTP erhob gegen den Beschluß des Amtsgerichts Aichach sofortige Beschwerde beim Landgericht Augsburg. Diese Beschwerde der RegTP wurde vom Landgericht verworfen. (Az.: Jug Qs 101/02)

Das Landgericht wies außerdem auf die Problematik hin, die sich aus der Minderjährigkeit des Beschuldigten ergibt. Er sei "weder alleiniger Hausrechtsinhaber noch volljähriger Mitinhaber des Hausrechts in der elterlichen Wohnung". Auch aus diesem Grunde hätte eine richterliche Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung erwirkt werden sollen.

Der volle Wortlaut der Beschlüsse des Amtsgerichts Aichach und des Landgerichts Augsburg kann im Internet auf der Homepage der Amateurfunkvereinigung "AGZ e.V." unter www.agz-ev.de/recht/urteile/lg_augsburg_01.pdf als PDF-File heruntergeladen werden.

- wolf -

Anmerkung der Redaktion:
Die Gerichte haben sich im oben genannten Fall u.a. auf das Bundesverfassungsgericht bezogen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2001 in einem anderen Fall (es ging dabei nicht um "Schwarzfunk") bestimmt, wie der Begriff "Gefahr im Verzug" auszulegen ist. Die Leitsätze dazu sind im Internet unter
www.fernerconsulting.de/rechtsprechung/bverfg/2bvr1444-00.htm zu finden.

 

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